Maschinelles Lernen in der Textilindustrie: Mittelständler Eschler Textil nutzt KI-Anwendung für optimierte smarte Textilien

Stefan Lohrer und Larissa Pogacnik beim Gespräch auf der Techtextil, Bild: Textil vernetzt

Das Unternehmen Eschler Textil GmbH aus Balingen arbeitet derzeit an neuartigen smarten Wirkwaren. Eigentlich eine Zufallsentdeckung, sollen diese textilen Drucksensoren nun gemeinsam mit dem Textil vernetzt-Team an den DITF auf ihre Funktionsfähigkeit getestet werden. Auf der Techtextil in Frankfurt sprachen wir am Messestand von Eschler Textil mit Larissa Pogacnik, Innovation Manager Smart Textiles, und Stefan Lohrer, Director Sales, über den aktuellen Stand des Projektes und die Zusammenarbeit mit dem Projektpartner.

Frau Pogacnik, Eschler Textil entwickelt in Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten und spezifischen Arbeitsgruppen intelligente Textilien. Welche Bereiche beliefern Sie mit Ihren Produkten?

Pogacnik: Die Ware ist für die Bereiche Leuchten, Heizen und Sensorik bestimmt. Anwendungsbeispiele sind etwa innovative Wandsysteme oder Auto-Innenraumbeleuchtung. Die smarten Textilien können aber auch als Flächenheizungen oder als Feuchtigkeits- und Drucksensoren in der Pflege oder Telemedizin eingesetzt werden. Darüber hinaus produziert Eschler Textil schwerpunktmäßig Reinigungstextilien oder Klettveloure. Textilien für den Medizin- und Orthopädiebereich gehören ebenfalls zu unserer Produktpalette.

 

Das sind sehr vielfältige Anwendungsbereiche für Textilien. Ihr Unternehmen hat jetzt ein technisches Konzept für einen ortsaufgelösten textilen Drucksensor mit wenigen Kontaktpunkten entwickelt. Zusammen mit dem Textil vernetzt-Team an den Deutschen Instituten für Textil- und Faserforschung Denkendorf, DITF, sind Sie auf der Suche nach neuen Formen der Datenauswertung. Wie kam es zur Projektanbahnung?

Lohrer: Zwischen unserem Unternehmen und den DITF gibt es schon eine sehr lange Verbindung, etwa durch die gemeinsame Arbeit in Projektausschüssen oder durch Kontakte auf Veranstaltungen. Für dieses Projekt haben wir die Kollegen vom DITF nach einem Besuch des KI-EscapeRooms in Denkendorf angesprochen. Das Thema Künstliche Intelligenz finden wir sehr spannend und wir konnten uns gut vorstellen, dass es für unseren neuartigen Ansatz für textile Drucksensoren nützlich sein kann. Die Institutskolleginnen und -kollegen vereinen ja ein sehr großes Fachwissen bei den Themen Sensorik und KI, dass uns jetzt zu Gute kommt.

 

In einem ersten Schritt haben Sie gemeinsam mit den Denkendorfer Textil vernetzt-Kollegen Messversuche mit einem KI-Modell zur besseren Auswertung der Daten durchgeführt. Was können wir uns hierunter genau vorstellen? Wie konnten die DITF Sie hierbei unterstützen?

Pogacnik: Für unsere intelligenten Textilien wird in unsere Maschenware beispielsweise ein leitfähiger Silberfaden eingearbeitet. Dabei entsteht über die Fläche ein Raster mit vielen Kontaktierungspunkten zwischen Textil und Elektronik. Dies ist in der Herstellung sehr aufwendig und provoziert noch eine zu hohe Störanfälligkeit. Wir wollen nun versuchen, mit nur sehr wenigen Kontaktierungspunkten und Anschlüssen Störungen zu minimieren und gleichzeitig Druckpunkte im Textil so präzise wie möglich zu lokalisieren.

Lohrer: Die Kollegen Bastian Baesch und Heiko Matheis vom Textil vernetzt-Team in Denkendorf haben dazu einen Versuchsaufbau, einen sogenannten XY-Tisch, für uns erstellt und resistive sowie kapazitive Änderungen bzw. Druckänderungen gemessen. Mit den DITF stand uns dafür viel Kompetenz zur Seite.

Wir führen das Interview auf der Techtextil, der Leitmesse für Innovationen aus dem Bereich technischer Textilien. Dürfen Sie ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern und über die nächsten Schritte zu dieser Innovation sprechen?

Lohrer: Momentan wird ein KI-Modell mithilfe von Maschinellem Lernen erarbeitet, mit dem die gemessenen Sensordaten ausgewertet werden können. Im Idealfall kann das entwickelte Textil so bleiben. Ansonsten werden wir zusammen mit den Denkendorfer Kollegen schauen, wie das Textil konstruiert werden muss, damit der Drucksensor optimal funktioniert auch nur mit wenigen Anschlüssen. Mit dem daraus entstehenden Prototyp können wir weitere Messungen durchführen.

 

Hier auf der Messe steht neben der Digitalisierung auch das Thema Nachhaltigkeit im Fokus. Ein Thema, dem sich auch Ihr Unternehmen verantwortlich fühlt. Wie kann Ihrer Meinung nach Digitalisierung zur Nachhaltigkeit beitragen? Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz hierbei?

Pogacnik: Im Idealfall kann Künstliche Intelligenz Unternehmen dabei unterstützen, Prozesse zu beschleunigen. Wir schauen bei diesem Projekt aber auch genau auf den Parameter Energieverbrauch. Energieeffiziente Auswertealgorithmen tragen zu einem nachhaltigen Einsatz von textilen Drucksensoren bei.

Lohrer: Und schließlich kann die Anwendung selbst zur Energieeinsparung beitragen, etwa wenn Reisen eingespart werden, da die benötigten Messwerte mit den textilen Drucksensoren ermittelt und digital übertragen werden konnten, wie es für die Telemedizin angestrebt wird. Hier kommt der besondere Vorteil von Textil zum Tragen, wenn die „harte“ Welt der Elektronik mit der „weichen“ Welt der Textilien zu einer intelligenten Textillösung verschmilzt.

 

Erfahren Sie mehr zum Projekt „Textiler ortsauflösender Drucksensor mittels KI“.

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