Bekleidungsstoffe virtuell entwerfen: Ökologische Verantwortung durch Digitalisierung von Entwicklungsprozessen

© Wilhelm Zuleeg GmbH

Die Wilhelm Zuleeg GmbH ist Hersteller von Bekleidungsstoffen und technischen Textilien. Das Unternehmen möchte in Zukunft noch mehr ökologische Verantwortung leben. Daher werden bei Zuleeg Prozesse, wie zum Beispiel die Produktentwicklung zunehmend digitalisiert. Das beginnt bei den verwendeten Rohstoffen, von denen jeder einzelne einen digitalen Zwilling braucht. Bis hin zum Entwurf der neuen Stoffe. Mitarbeitende müssen regelmäßig neue Materialien digitalisieren. Kenntnisse über deren Parameter sind hierfür eine wichtige Voraussetzung. Das Team muss entsprechend geschult werden.

Stefan Zuleeg, Inhaber des familiengeführten Unternehmens, spricht über seine Motivation, Produktions- und Entwicklungsprozesse zu digitalisieren und darüber, wie das Kompetenzzentrum Textil vernetzt seine Firma dabei unterstützt hat. Neben Zuleeg hat auch das Unternehmen VAUDE als modischer Weber seine Sicht und Anforderungen in das Projekt eingebracht.

Herr Zuleeg, Ihr Team orientiert sich bei der Entwicklung neuer Stoffe an etlichen Kriterien. Dazu zählt nicht nur die Optik – Struktur des Gewebes, Farbe oder Muster. Für den fertigen Stoff werden doch auch der Fall der Ware und die Haptik, also wie sich der Stoff anfühlt, mit einbezogen. Dafür muss man ihn doch anfassen, oder? Sie möchten Ihre Produkte in Zukunft trotzdem digital entwickeln und vermarkten. Warum?

Zuleeg: Jedes kleine Produktmuster nicht nur zu entwerfen, sondern auch herzustellen, ist unglaublich ressourcen- und zeitintensiv. Energie und Material wird verbraucht, CO2 wird freigesetzt. Die Datenspeicherung ist im Vergleich wesentlich sparsamer. Unsere Kunden erhalten am Ende dieses Projekts eine gute 3D-Darstellung der fertigen Stoffe. Welche Farbe wird er haben? Wie ist die Struktur? Wie sieht der Versatz des Musters aus? Natürlich werden wir nicht auf alle physischen Muster verzichten, speziell bei neuen Garnen und Entwicklungen. Aber die virtuelle Welt wird uns begleiten: Metaverse, um nur einen Trend zu nennen. Dass man die Stoffe nicht anfassen kann, wird durch die visuellen Darstellungen, sogar auf ganz unterschiedlichen Geräten, wieder wett gemacht. Digitale Entwicklung und Verkauf ist einfach eine Herausforderung für uns.

Das klingt überzeugend. Tolle Idee! Aber wie soll das funktionieren?

Zuleeg: Von der Rohseide bis zur gefärbten Schurwolle – für alle Materialien, die wir verwenden, erstellen wir physische Produkte und einen sehr detailgetreuen digitalen Zwilling. Je detaillierter, desto besser wird das entworfene Produkt. Das bedeutet, unsere Mitarbeitenden müssen genaue Kenntnisse über mögliche Digitalisierungstechnologien haben. Schwieriger wird es danach, mit Kunden zu digitalen Abstimmungen zu kommen. Dies wird eine der nächsten zentralen Aufgaben sein.

Was ist aus der Zusammenarbeit mit Textil vernetzt entstanden?

Zuleeg: Die DITF haben eine Schulung sowie einzelne Schulungsmodule als Selbstlernkurs konzeptioniert, um das nötige Wissen rund um die Digitalisierung von Stoffen zu vermitteln. Rapporte, Farbe, Transparenz und technische Parameter sind eine Herausforderung für einen modischen Wollweber. Sowohl für uns als auch gemeinsam mit Vaude wurden Workshops durchgeführt. Als Ergebnis daraus entstanden digitale Zwillinge der jeweiligen textilen Materialien. Das Ziel ist es nun, in mehreren Modulen in der Laborumgebung der DITF zu lernen, wie Materialien digitalisiert werden und wie sie in 3D-Umgebungen zu integrieren sind.  

Das ist aber nur der erste Schritt, richtig? Wissen Sie denn schon, wie es jetzt weitergeht?

Zuleeg: Unsere Kunden beginnen zurzeit, ihre Kollektionen in 3D darzustellen. Dies gelingt nur, wenn auch die Stoffe und Zutaten in digitaler Form existieren. Wir sind in einem engen Austausch, um dies zu unterstützen. Aus diesem Grund haben wir in diesem Digitalisierungsprojekt mit dem Unternehmen Vaude kooperiert. Sie haben sich bei uns vor Ort angesehen, wie ein Wollgewebe entsteht und welche Anforderungen sowohl an physische als auch an digitale Muster gestellt werden.

Aus meiner Sicht ist hier ein gemeinsamer Weg zu gehen, damit der Lieferant nicht sowohl physische als auch digitale Muster zu liefern hat. Neutrale Partner wie die DITF, die nicht direkt in die Lieferbeziehungen eingebunden sind, aber einen tiefen Einblick in die sich verändernde Welt haben, sind dabei eine große Unterstützung.

Vielen Dank, Herr Zuleeg. Vielleicht sehen wir uns bei Textil vernetzt ja wieder. Wir würden uns freuen!

Erfahren Sie mehr zum Projekt „Digitalisierung von Materialien und -parametern als Selbstlernkurs“.

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